Stand: 13.09.2016 10:14 Uhr | AutorIn: Eva Köhler

Autonomes Fahren: Wann fahren unsere Autos selbst?

Das Auto blinkt, fährt an und biegt ab - ganz von alleine. Der Mann hinter dem Lenkrad starrt vertieft auf das Smartphone: Das ist die Zukunft des Autofahrens.

Der Mensch wird Passagier, das Auto der Fahrer. Noch müssen immer Menschen an Bord sein, in Zukunft sollen die Autos aber alle Probleme selbstständig lösen. Wir erklären, wie weit der Traum von selbstfahrenden Autos entfernt ist und wann wir endlich während der Fahrt chatten, surfen oder schlafen können!

Wie funktioniert ein autonomes Auto? Fährt es ganz alleine?

Einsteigen, Fahrtziel eingeben, losfahren, zurücklehnen. In der Theorie soll autonomes Fahren künftig funktionieren wie im Science-Fiction-Film "Minority Report". Das Auto soll sich ganz alleine durch die Straßen schlängeln, Verkehrsregeln und Geschwindigkeitsbegrenzungen beachten und so das Autofahren sicherer machen. Nach Meinung des US-Fahrdienstleisters Uber seien menschliche Fehler der Grund für die vielen Verkehrstoten. Die Technologie für autonomes Fahren könne helfen diese Tragödie zu lösen. Der Google Mutter-Konzern Alphabet verzichtet in seinen selbstfahrenden Autos daher sogar komplett auf ein klassisches Lenkrad und Pedale.

Hält sich ein selbstfahrendes Auto immer an Verkehrsregeln?

Aktuell halten sich selbstfahrende Autos penibel an Verkehrsregeln, an den Mindestabstand und die Richtgeschwindigkeit - ein Verhalten, dass es schwierig macht, selbstfahrende Autos mit dem heutigen Straßenverkehr in Einklang zu bringen, wie ein Selbstversuch der FAZ.net-Redaktion zeigt. Mit 130 km/h blockierte das selbstfahrende Auto hier bei freier Bahn die Überholspur. Das ist zwar die empfohlene Richtgeschwindigkeit auf deutschen Autobahnen, spiegelt aber nicht das Fahrverhalten der anderen Verkehrsteilnehmer bei freier Fahrt wider.

Und was, wenn ich schneller fahren möchte als erlaubt, kann ich das?

Bisher werden die Systeme noch vom Menschen ein- und ausgeschaltet. Wir haben die komplette Kontrolle über das Fahrzeug und können bei Bedarf auch schneller fahren. Eine Garantie, dass das immer so bleiben wird, gibt es allerdings nicht. Das heißt: Irgendwann könnten uns die Autos wirklich das Schnellerfahren verbieten.

Können selbstfahrende Autos gehackt werden?

Ein Hacker hat über die selbstfahrenden Autos des Herstellers Tesla einmal anerkennend gesagt: "Das ist kein Auto, das ist ein Datenzentrum auf Rädern!" Kurz gesagt: Ja, Autos können gehackt werden. Das haben Sicherheitsexperten aus South Carolina und China bewiesen. Mit einer 90.000-Dollar-Ausrüstung gelang es den Forschern, das Radarsystem zu stören. So erkannte der Telsa das Auto vor ihm nicht und wäre, wenn es sich nicht um Simulation gehandelt hätte, bei voller Geschwindigkeit auf das Auto aufgefahren. Mit dem richtigen Wissen, der richtigen Ausrüstung und viel Zeit lassen sich Autos hacken.

Die ethische Frage: Wer stirbt, wer darf leben?

Wer stirbt, wenn die Bremsen versagen? Die Kinder, die auf der Straße spielen oder der Senior am Steuer: Was jeder Mensch in einer Unfallsituation intuitiv entscheidet, muss einer Maschine bereits im Vorfeld einprogrammiert werden. Wie soll ein selbstfahrendes Auto im Nofall reagieren? Diese Frage hat sich jetzt auch das Massachusetts Institute of Technology (MIT) gestellt und einen Simulator, die sogenannte "Moral Machine", entworfen. Auf der Website, können Menschen ihre Entscheidung treffen. Bereits bei der ersten Frage erwachen moralische Zweifel. Das Experiment zeigt aber: Wir müssen viel diskutieren, um eine Antwort zu finden.

Kann das Auto der Zukunft selbst Ziele bestimmen oder von Fremden gesteuert werden?

Das Auto als selbstfahrendes Gefängnis. Im Science-Fiction-Film "Minority Report" fährt das Auto des vermeintlichen Verbrechers direkt zur Polizei. Die Behörden blockieren alle vom Fahrgast eingetippten Ziele. Er ist gefangen im autonomen Fahrzeug. Grundsätzlich könnte so etwas in ferner Zukunft wohl möglich sein - wenn es statt Ampeln nur noch Verkehrsleitsysteme gibt. Aber: Wir sind am Anfang der Entwicklung. Bislang ist das noch nicht möglich. Ob es in Zukunft möglich sein wird, liegt in unseren Händen. Wir müssen sicherstellen, dass wir uns weiterhin frei bewegen können - immer und zu jeder Zeit!

Gibt es schon selbstfahrende Autos auf regulären Straßen?

In Deutschland finden die Tests mit selbstfahrenden Autos hauptsächlich auf Autobahnen und abgesteckten Teststrecken statt. Singapur ist da schon weiter. Hier rollen seit Ende August 2016 autonome Taxis. Auf einem vier Quadratkilometer großen Forschungscampus halten die selbstfahrenden Autos an festgelegten Haltestellen an, um Passagiere ein- und aussteigen zu lassen. Bestellt wird das Taxi per App - in der Probephase sind jedoch ständig zwei Mitarbeiter des Software-Herstellers an Board. Auch der Fahrdienstleister Uber startet im September seine Tests mit selbstfahrenden Taxis. Statt eines Testgeländes wählten sie sich eine ganze Stadt als Versuchskanninchen aus: die US-Stadt Pittsburg. Hier treffen autonome Autos auf echte Passagiere und echten Stadtverkehr. Aber auch hier: Ohne Fachpersonal, das im Notfall eingreifen kann, gehen die Fahrzeuge nicht auf die Straße. Aktuell sind die Systeme nämlich noch viel zu fehleranfällig.

Was sind die größten Probleme bei selbstfahrenden Autos?

Das Problem an der bisherigen Technik ist: Sie funktioniert nur bei Sonnenschein und weißen Fahrbahnmarkierungen. Die Systeme versagen bei Nebel, Regen oder Schnee. Schon ein verschneites Verkehrsschild oder gelbe Fahrbahnmarkierungen in Baustellen lassen das System erblinden. Das macht den Einsatz in Städten mit vielen Baustellen, Fußgängern und Querverkehr zu einer Herausforderung. Auch Parker in zweiter Reihe - zum Beispiel Müllabfuhren - erkennen die Autos noch nicht, sondern halten an, als wäre es das Ende eines Staus. Überholen muss der Mensch.

Wann soll es die autonomfahrenden Autos zu kaufen geben?

Die deutschen Hersteller träumen davon, bereits in drei bis fünf Jahren Autos in Serie bauen zu können, die zumindest auf der Autobahn selbst fahren. Das hofft, wie die Tageszeitung "Die Welt" schreibt, der Leiter der Digitalstrategie bei Volkswagen Johann Jungwirth. Auch der bayerische Autobauer BMW plant bis 2021 ein komplett selbstfahrendes Auto. Auch LKW sollen künftig selbst fahren. Im Oktober 2015 absolvierte ein Truck von Mercedes Benz eine Testfahrt in Süddeutschland. Die eingebauten Radar- und Kamerasysteme und Sensoren erkennen Hindernisse und lassen den Truck abbremsen oder Störungen umfahren. Dabei kann der Fahrer zu jederzeit eingreifen. Die LKW sollen später als die Autos auf den Markt kommen. Geplantes Jahr laut Daimler: 2025. Der Experte für autonomes Fahren Hermann Winner von der TU Darmstadt ist da deutlich skeptischer. Er sagte der FAZ: " In den nächsten 30 Jahren werden wir es nicht erleben, dass ein Auto immer und überall autonom fährt."

Selbstfahrende Autos in Deutschland: Kommt das?

In Deutschland soll sich eine Ethikkommission mit der Frage zu autonomfahrende Autos befassen. Dabei müssten zwei Grundsätze gelten, erklärt Verkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU): "Sachschaden geht immer vor Personenschaden. Und es darf keine Klassifzierung von Personen geben, etwa nach Größe oder Alter." Bereits im September 2015 gab es einen ersten Gesetzesentwurf. Autofahrer dürften sich demnach vom Lenkrad abwenden - also Serien gucken oder Nachrichten schreiben. Allerdings müssen sie jederzeit wieder ins Geschehen eingriffen können - das Nickerchen am Steuer wird nach dem Gesetzesentwurf also ein Traum bleiben. Die Systeme bleiben in Deutschland erst mal Assistenten. Sie dürften nur für "eine bestimmte Zeit und in bestimmten Situationen" das Fahrgeschehen beeinflussen. Menschen bleiben wohl erst Mal die letzte Instanz.

Was, wenn doch ein Unfall passiert?

Bereits jetzt können Autofahrer Boxen in ihre Fahrzeuge einsetzen lassen, die Daten sammeln: Wie schnell, wie vorausschauend oder risikofreudig fährt der Eigentümer? Die Boxen übermitteln automatisch Daten an den Versicherer, der so den Versicherungspreis je nach Fahrstil anpasst. Sobald Autos komplett selbst fahren - was wohl frühestens in 25 bis 30 Jahren eintreten wird - ist es wohl notwendig, solche Boxen in Autos zu verbauen. Ob das auch in den ersten Generationen, die 2021 fertig sein sollen, verpflichtend ist, steht noch nicht fest. Aber: Selbst wenn das Auto einen Unfall baut, zahlt die KFZ-Haftpflicht des Eigentümers.

Wer arbeitet schon an autonomen Autos?

Alle großen Auto- und Tech-Konzerne liefern sich einen Kampf um das Auto der Zukunft. So tasten sich Autobauer wie Audi, BMW, Volkswagen, Porsche aber auch Volvo und Rolls Royce langsam an die Entwicklung von autonomen Systemen heran. Die Techkonzerne ihrerseits sind Experten bei der Entwicklung neuer Algorithmen; Autos bauen mussten sie bisher nicht. Deswegen baut Google zum Beispiel Toyota-Modelle um. Ein Sonderfall ist der Autobauer Tesla. Er ist so neu im Geschäft, dass der Chef von Beginn an beides vereinen musste: Autobau und die Entwicklung von Fahrassistenz-Systemen.

Sind autonome Autos sicherer als herkömmliche?

Google schwört auf die Technik und baut in seinen Prototypen nicht mal ein Lenkrad ein. Der Grund: Menschen verursachen 90 Prozent der Unfälle. Nur 10 Prozent passieren durch technische Fehler. Mit autonomen Autos würden Fahrfehler stark zurückgehen. Auch Verkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) ist überzeugt davon, dass automatisierte Systeme die Zahl an Unfällen, Verletzten und Toten "drastisch reduzieren" werden. Ein tragisches Beispiel dafür, dass die aktuellen Systeme noch nicht komplett funktionieren, ist ein Unfall im Mai 2016. Bei einem Unfall prallte ein Auto von Tesla auf einen LKW, der Fahrer starb.

Was sollen autonome Autos kosten?

Zwischen 5.000 und 10.000 Euro zusätzlichen könnten die ersten Fahrassistenzsysteme kosten, die auf der Autobahn das Steuer übernehmen und den Fahrer entlasten. Das erklärte der Experte für autonomes Fahren Stefan Bratzel der Bild. Genauere Zahlen gibt es bisher nicht.

Was ist eigentlich das Ziel von selbstfahrenden Autos?

Autonomes Fahren ist ein Langzeitprojekt, das im letzten Schritt den Besitz eines eigenen Autos unnötig macht. Denn am Ende der Entwicklung - das dauert wohl noch einige Jahrzehnte - soll der gesamte Verkehr von autonomen Autos übernommen werden. Roboter-Taxis holen uns ab, erretten uns vor stundenlanger Parkplatzsuche und umfahren ganz von selbst vielbefahrene Straßen. Inwieweit der Fahrer auch in dieser utopischen Zukunft Einfluss auf die Route des Autos nehmen kann oder ob das Verkehrsmanagement das Ziel verändern darf, wird wohl eine der wichtigsten Fragen in der Entwicklung der selbstfahrenden Autos.

 

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N-JOY | 17.09.2016 | 14:20 Uhr

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