Stand: 04.03.2020 16:42 Uhr | AutorIn: Anthrin Warnking

#UnhateWomen: Schluss mit frauenverachtenden Rap-Texten!

Ein Video, in dem Frauen Textzeilen aus Rapsongs vorlesen, geht im Moment viral. Die Botschaft: "Es ist Zeit, etwas zu ändern". Mit diesem Wunsch sind die "Unhate Women"-Initiatoren nicht allein.

Frauen stehen vor einem dunklen Hintergrund und lesen in einem sehr nüchternen Ton Textpassagen vor. Mehr braucht es für ein eindrückliches Video in diesem Fall nicht, denn der Inhalt der Texte spricht für sich: "Eine Frau bleibt auf Ewigkeit ein Gegenstand" und "Bring deine Alte mit, sie wird im Backstage zerfetzt" sind nur zwei der Zeilen, die aus erfolgreichen Rapsongs zitiert werden. Zeilen voller verbaler Gewalt gegen und Erniedrigung von Frauen.

Die Botschaft am Ende des verstörenden Videos: "Alle hören Gewalt gegen Frauen. Es ist Zeit, das zu ändern".

"Deutschrapper sind Vorbilder für junge Menschen"

Hinter dem Clip zur Kampagne #UnhateWomen steht der Verein "Terre des Femmes", der sich für ein gleichberechtigtes und selbstbestimmtes Leben von Frauen einsetzt. Das Video soll nicht nur aufrütteln und sensibilisieren, sondern auch dazu aufrufen, den Hashtag #UnhateWomen unter frauenverachtende Texte, Songs oder Posts zu setzen und der Gewalt gegen Frauen so zu widersprechen.

Wir sind der Meinung, dass zu Gewalt nicht nur körperliche, sondern auch verbale Gewalt gehört. Gerade Deutschrapper sind meinungsbildend und Vorbilder für junge Menschen. Sie könnten so viel Bewegung in eine positive Richtung bringen. Gesa Birkmann, Terre de Femmes

Mit-Initiatorin Gesa Birkmann zeigt sich im N-JOY Interview schockiert, welche Gedanken einige Rapper verbreiten: "Als wäre es das Normalste der Welt, Frauen derart zu beschimpfen!"

Frauenfeindliche Texte: Sex sells?

Die Diskussion über Diskriminierung im Deutsch-Rap ist nicht neu. In der Musik von Rappern wir Gzuz, Kool Savas, Kollegah oder Farid Bang finden sich nicht wenige Passagen, die umstritten sind.

In einer datenjournalistischen Analyse der erfolgreichsten Deutschrap-Alben der Jahre 2000 bis 2015 hat Puls vom Bayerischen Rundfunk schon 2016 herausgefunden: Frauenfeindlichkeit kommt in Rap-Texten häufiger vor als jede andere der vordefinierten Diskriminierungsthemen wie zum Beispiel Homophobie, Behindertenfeindlichkeit und Rassmismus. Das Fazit der Journalisten: Sexism sells - oder ist zumindest kein Hindernis, wenn es um Verkaufszahlen geht.

Sexismus im Rap: Kunstfreiheit vs. Diskriminierung

Immer wieder wird diskutiert, wie weit Kunstfreiheit geht und wo definitiv Schluss sein muss. Die erfolgreiche Rapperin Sookee kritisiert die Darstellung von Frauen als Sexobjekte seit Jahren und stellt sich vehement gegen Sexismus im Hip Hop.

In einer Diskussionsrunde auf dem Reeperbahn Festival 2018 erklärt sie, dass sie nicht nur die Texte auf der Bühne kritisch sieht - sondern auch, wie Frauen in der Szene hinter den Kulissen behandelt werden. Das Argument der "Kunstfreiheit" lässt sie daher nicht gelten.

Bühnenpersona, Kunstfreiheit - die Leute sind ja keine anderen Menschen. Es ist ja nicht so, dass die von der Bühne kommen und voll die nicen, reflektierten Jungs sind und sagen: 'Du musst nicht mitziehen, lass uns abhängen und über Producing reden.' Rapperin Sookee bei der Session "Frauen im Rap"

Auch Rapperin Ebow findet es wichtig, über das Frauenbild in Deutschrap-Texten zu sprechen, wie sie auf dem Reeperbahn Festival 2019 erklärt: "Es gibt so schöne Schimpfwörter, die sich nicht auf Geschlechtsteile beziehen."

#UnhateWomen: Wird es jetzt ungemütlich?

Auf dem Reeperbahn Festival sind sich Experten aus der Musik- und Medienbranche einig: Homophobie, Rassismus und Gewalt gegenüber Frauen in Songtexten gehören nicht ins Radio. Und: Es ist wichtig, darüber zu sprechen und es den entsprechenden Künstlern, wie die Hip Hop-Journalistin Jule Wasabi es formuliert, "ungemütlich zu machen".

Eine Forderung, die sicherlich auch Gesa Birkmann von "Terre de Femmes" unterschreiben würde. Sätze wie "Hab dich nicht so, ist doch nur Spaß" regen sie auf.

Möchtet ihr in einer Gesellschaft leben, in der Gewalt salonfähig ist? In der es salonfähig ist, dass man Frauen und Mädchen als Fotzen und Bitches beschimpft? Auch wenn es Kunst oder Musik ist - das kann man nicht hinnehmen! Gesa Birkmann, Initiative "Unhate Women"

 

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Dieses Thema im Programm:

N-JOY | N-JOY mit Susan Hammann | 05.03.2020 | 09:00 Uhr

N-JOY © NDR
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