Warum schauen wir uns Horrorfilme an?
Horrorfilme wie "Es", "Saw" und Co. haben eine ganz besondere Faszination und fesseln viele Zuschauer vor den Bildschirmen. Doch warum gruseln wir uns eigentlich so gern?
Unheilvolle Musik, der Schatten eines Messers zeichnet sich am Duschvorhang ab, eine schreiende Frau, dann spritzt das Blut - so die berühmte Duschszene aus Alfred Hitchcocks Klassiker "Psycho", die wohl alle Horrorfilm-Liebhaber im Kopf haben.
"Scream", "Saw", "Hostel" oder der Horror-Clown von "Es": Zahlreiche Gruselfilme und ihre Fortsetzungen ziehen jedes Jahr Millionen Menschen in die Kinos - und vor die Fernseher. Doch worin besteht der Nervenkitzel? Warum gucken sich viele von uns Horrorfilme so gerne an?
Horrorfilme versetzen die Körper vieler Zuschauer in einen Zustand der Erregung - darin sind sich Forscher weitgehend einig. Der ausgeschüttete Botenstoff Dopamin sorgt im Gehirn für einen Zustand zwischen Angst und Lust. Vor allem, wenn das Gehirn das Gezeigte als realistisch einordnet, werden Teile im Gehirn aktiviert, die auch in Wirklichkeit zum Beispiel mit Schmerz oder Fluchtreflexen in Verbindung stehen.
Training für die Seele
Oftmals stehen beim Anschauen bestimmte Fragen im Fokus: Wie viel Horror ertrage ich? Wie würde ich mich an Stelle der Protagonisten verhalten? (Nein, wir würden uns auf der Flucht vor einem Killer NICHT im Keller verstecken!) Der Kulturwissenschaftler Dr. Mark Schmitt von der Technischen Universität Dortmund erklärt im N-JOY Interview:
Der Horror-Regisseur Wes Craven hat gesagt, dass Horrorfilme so etwas wie ein Bootcamp für die Seele sind. Das heißt: Man kann in einem fiktiven Setting für 90 Minuten seine Seele sozusagen emotional trainieren für die Schrecken dieser Welt. Dr. Mark Schmitt
Bildschirm trennt Wirklichkeit vom blutigen Geschehen
Auferstandene Tote, verfluchte Häuser oder Serienkiller, die ihr Unwesen bevorzugt in US-amerikanischen Vorstädten treiben und es auffällig oft auf Teenager abgesehen haben: Wir sind emotional nah am Geschehen ohne dem Gemetzel in der Realität ausgeliefert zu sein - und trainieren uns dabei mental, falls die echte Zombie-Apokalypse mal über uns hereinbricht.
Das könnte ein Grund mit dafür sein, warum Horrorfilm-Fans anscheinend mental besser durch die Corona-Pandemie kommen. Das hat eine dänisch-amerikanische Studie kürzlich herausgefunden. Demnach sollen die Menschen, die gerne Horrorfilme schauen, weniger durch die Corona-Krise gestresst sein und entspannter mit der aktuellen Situation umgehen. Am besten gegen die Pandemie gewappnet sahen sich in der Studie die Menschen, die apokalyptische oder Zombie-Filme mögen.
Horrorfilm am Höhepunkt - und plötzlich lacht jemand
Psychoterror, Blutvergießen und übernatürliche Grusel-Kräfte - wir schauen uns wissend das Unglück an, in das sich die Gruppe Jugendlicher begibt und dann - an der schlimmsten Stelle - lachen wir plötzlich. Unpassend?
Lachen ist eine Abwehrreaktion gegen das Schreckliche, das wir da sehen. Deswegen hört man so viele Leute im Kino oft bei den schrecklichsten Gewaltszenen lachen. Das ist eine Strategie, um das, was da gezeigt wird, emotional auf Distanz zu halten. Dr. Mark Schmitt
Bewältigungsstrategie: Lach doch mal!
Falls ihr also bei einem Horrorfilm auf der Couch sitzt und schon alle Fluchtwege ausgecheckt habt - einfach mal lachen. Allerdings lauert dann eine andere Gefahr: Vom Sofa-Nachbarn furchterregende Blicke zugeworfen zu bekommen.